Wir haben Jo-Mobbing gespielt – Ein Auszug aus dem Grundschulalltag

Anne/ März 3, 2021/ Aus dem Leben, Elternleben

Puh, das war vergangene Woche ein schwieriges Thema. Da musste ich erst mal schlucken, es sacken lassen und dann schauen, wer denn überhaupt der richtige Ansprechpartner ist.

Ich gebe euch hier nur einen Einblick in den Vorfall und meine Reaktion. Da ich keine Sozialwissenschaftlerin oder ähnliches bin, sehe ich mich hier nicht im Recht qualifizierte Aussagen zum Thema Mobbing zu treffen.

Der Hintergrund zum Jo-Mobbing

An einem Tag kam mein Sohn nach Hause. Durch Zufall kamen wir auf das Thema „bester Freund“. Das ist bei meinem Sohn gern mal von Tag zu Tag unterschiedlich. Aber ich frage auch immer wieder an, warum es sich ändert. Eben auch an diesem Tag.

Dieses Mal war der Grund: Er war der einzige, der Jo nicht gemobbt hat.

Stück für Stück dröselte sich die Geschichte auf.

Die Kinder haben das Mobbing eines einzelnen Kindes zum Spiel gemacht. Einige stellten sich schützend neben das Kind. Die meisten jedoch mobbten verbal sowie physisch. Wie sehr bekam ich aus meinem Sohn nicht heraus. Fast alle Jungs der Klasse und auch ein paar Mädchen waren dabei.

Was machte mein Sohn?

Ich beschönige nichts. Auch wenn ich es ihm mühsam aus der Nase ziehen musste. Er hat Grimassen gezogen und das Kind mit den anderen Mobbern verfolgt. War also auf einer Seite, wo ich ihn nicht sehen möchte.

Wo war die Lehrerin?

Die hat das Fiasko tatsächlich mitbekommen, die Kinder in ihrem „Spiel“ unterbrochen und vor dem Unterricht das Thema Mobbing durchgesprochen.

Der Lernerfolg?

Mässig. Denn am Nachmittag nahmen sie ihr „Spiel“ wieder auf und jagten das arme Kind wieder über den Schulhof.

Zum Glück bisher letztmalig.

Wie ich darauf reagierte:

Im ersten Moment geschockt. Ich musste es meinem Sohn Stück für Stück entlocken was hier passiert ist. Denn so richtig wollte er nicht mit der Sprache herausrücken. Verständlich. Welches Kind möchte schon zugeben, dass es sowas angestellt hat?

Letztendlich redete ich meinem Kind ins Gewissen. Versuchte ihm begreiflich zu machen, wie sich das gemobbte Kind gefühlt haben muss. Als ich ihn jedoch fragte, warum er sich nicht auf die Seite des Kindes gestellt hatte, meinte er:

Ich hatte Angst, dass die mich dann mobben und hauen.

Leider auch verständlich 🙁

Am Abend nahm ich dann Kontakt zur Elternsprecherin auf. Ich wollte nicht direkt auf die Lehrerin zugehen. Schon allein, weil ich diese aktuell allenfalls per Mail erreichen könnte. Zudem denke ich, dass die Elternsprecherin hier mit ins Boot geholt werden sollte.

Sie nahm sich der Sache an. Sprach auch ihr Kind auf das Thema an und machte diesem klar, warum Mobbing nicht gerade das Gelbe vom Ei ist. Ich fand ihre Worte ganz treffend:

„Mag sein, dass das Kind gelacht hat. Aber kann es sein, dass es nur gelacht hat, weil es hoffte, dass es nicht noch schlimmer wird?“

Wir sind so verblieben, dass sie mit der Mutter des Kindes Kontakt aufnimmt, die Lage checkt und mit dieser abstimmt, ob weitere Schritte eingeleitet werden sollten.

Worauf ich eigentlich noch gehofft hatte:

Dass das Thema unter den Eltern bekannt gemacht worden wäre. Einfach, um allen begreiflich zu machen, dass der Schulalltag eben seine Tücken hat und man vielleicht mit seinem Kind mal das Thema Mobbing besprechen sollte.

Gern hätte auch mal eine Maßnahme im Unterricht mit der Schulsozialarbeiterin erfolgen können. Wenn die Kinder Mobbing zu einem Spiel erklären, läuft meiner Meinung einiges falsch.

Das Ende vom Lied

Aktuell habe ich das Gefühl, dass das Thema unter den Teppich gekehrt wird. Die Kinder haben es nicht mehr „gespielt“ und damit hat es sich wohl für Lehrer, Horterzieherin sowie Elternsprecherin erledigt.

Nun frage ich meinen Sohn jeden Tag, was die Kids gespielt haben und ob wieder jemand gemobbt wurde. Ich fühle mich schon wie eine Helikopter-Mom bzw. eine Glucke. Da ich selbst zu Schulzeiten gemobbt wurde, ist mir das Thema einfach wichtig und ich hoffe wirklich, dass die Kids es nicht wieder machen. Doch leider fürchte ich, dass es kein einmaliger Vorfall war 🙁

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Über Anne

Teilzeit-Alleinerziehend, Teilzeit-arbeitend, manchmal überfordert, Mama eines zuckersüßen Buben, Soldatenfrau, ein wenig verrückt und mit ganz viel Herz ausgestattet.