Bereits vergangene Woche berichtete ich bei Twitter und auch über Instagram darüber. Für mich ist es grundlegend noch immer unbegreiflich.
An sich kann ich es verstehen, dass die Kinder auf diesem Wege das freie Sprechen üben sollen. Eben auch möglichst bei einem Thema, dass sie interessiert und was man auch recht gut steuern kann.
Aber muss das schon in der 2. Klasse sein?
Vorbereitung während der Homeschooling-Zeit
Wir wussten bereits ab der 1. Corona-Ferienwoche, dass die Kinder eine Buchbesprechung machen sollen. Wir selbst nahmen es direkt ernst und gingen die Besprechung mit unserem Sohn ab März regelmäßig durch. Wie ich später erfuhr, haben viele Klassenkameraden meines Sohnes die Besprechung erst auf den letzten Drücker gemacht. Eben nicht ernst genommen und auch mit dem Gedanken, dass die Aufgaben der Homeschooling-Zeit nicht wichtig wären.
Übrigens gehörte mein Sohn zu den wenigen Kindern seiner Klasse, die jede Aufgabe der Lehrerin gemacht haben. Egal ob freiwillig, Pflicht oder nur kurz in einer Mail erwähnt.
Für meinen Sohn stand sehr schnell fest, dass es „Der Atlas der Ozeane“ werden sollte. Einfach eines seiner Lieblingsbücher. Vor allem, weil es dort so viel wissenswertes gibt, dass auch noch lustig aufbereitet ist. Daher flutschte es eigentlich auch nur so durch. Er wusste also ohne Umschweife was er alles erzählen wollte. Und auch welche Seite bzw. Textstelle er vorlesen wird.
Das waren die Anforderungen
Wirklich viele Infos hatten wir dazu nicht. Also die Grundzüge schon. Eben welche Inhalte für die Buchbesprechung / Buchvorstellung heraus zu arbeiten sind. Damit wussten zumindest die Kinder bescheid.
Aber die Rahmendaten fehlten gänzlich. Also jene Informationen, die uns Eltern helfen die Kinder dabei zu unterstützen. Vielleicht erwarte ich zu viel. Aber sowas wie Zeitangaben wären ja schon hilfreich gewesen. Also bei der Vorbereitung. Und eben nicht erst, wenn „das Kind schon in den Brunnen gefallen ist“.
Darum wurde vor allem für mich diese Buchvorstellung zum Grauen
Oh, da gibt es einiges.
Fangen wir mal damit an, dass sich mein Sohn ein wirklich cooles Bild im Buch ausgesucht hatte, dass er gern vergrößert an die Tafel hängen wollte. Also sollte der Papa bereits seit März es ordentlich ausdrucken. Vorzugsweise im Posterformat. Er hatte gut 8 Wochen zeit dafür.
So viel dazu:
23 Uhr, ich werfe auf dem Weg ins Bett einen Blick in den Ranzen. Mir fällt auf, dass mein Sohn morgen die Buchbesprechung halten muss. Das Buch ist nicht eingepackt, den Mann hat das zugehörige Bild nicht wie besprochen ausgedruckt.
Ihr dürft raten, was uch gerade mache 🤬— Leipziger Mama (@LMamaAR) May 25, 2020
Als nächstes der letzte Durchlauf mit mir am Tag der Präsentation:
Buchsprechung morgens im Bad noch mal geübt. Er braucht 2,5 Minuten. Also noch etwas mehr Text rausgesucht zum Lesen. Und zum langsameren Sprechen aufgefordert. Nun sind es 4 Minuten.
— Leipziger Mama (@LMamaAR) May 26, 2020
Problem daran:
Laut Lehrerin sollen es insgesamt 10 Minuten werden. 5 Vortrag, 5 Lesen. Das sind die Anforderungen in der 2. Klasse!
— Leipziger Mama (@LMamaAR) May 26, 2020
Einfach Klasse, dass die Lehrerin die Info in der Woche der Präsentationen an die Kinder weitergab. Nur war da der Drops gelutscht und das Kind auf seine Version der Besprechung schon eingeschossen. Ich weiß auch gar nicht, ob die Zeiten nun bindend waren oder kürzer auch ok ist. Ich erinnere mich da an meine mündlichen Tests früher, wo man eine Mindest- und eine Maximalzeit bei dem Vortrag beachten musste. Ist das hier auch schon bindend?
Leider fehlt mir auch die Transparenz, wie sich die Note zusammensetzt. Meist bekommt man ja zu mündlichen Noten so einen Zettel, wo drauf steht was alles benotet wird. Sowas wie Inhalt, Art der Präsentation usw. Gab es dieses Mal nicht. Ich habe nur die Aussage meines Sohnes und einer seiner Freundinnen, warum er nun die Note hat, die er hat.
Übrigens bekam er auf den Vortrag sowie das Lesen eine 2. Gründe: bei beidem war er zu schnell.
Aber ist schnell beim Lesen nicht egal? Hauptsache flüssig?
Kommen wir zu meinem Hauptproblem
Warum müssen Kinder bereits in der 2. Klasse eine Buchbesprechung machen?
Ich gebe zu, dass ich in ganzen 13 Schuljahren nicht eine halten musste. Bei uns gab es sowas irgendwie gar nicht. Und ich habe es auch nicht vermisst. Denn zu Schulzeiten war ich nicht gerade eine Leseratte.
Und ich glaube, dass auch viele Klassenkameraden meines Sohnes nicht gerade Buchbegeistert sind. Vielleicht ein Vorurteil. Aber eines, welches durch Gespräche mit einigen der Kids schon recht gefestigt ist.
Ich kritisiere also Folgendes:
- Zu früh im Schulalltag (3. oder gar 4. Klasse hätte für mich mehr Sinn ergeben)
- Mangelnde Informationen zu den Anforderungen
- Keine Transparenz bei der Benotung
- Benotung einer Homeschooling-Aufgabe, wobei es keine Noten mehr geben sollte
Wahrscheinlich haltet ihr mich nun für eine Helikoptermutter, weil ich mich so wegen der Buchbesprechung aufrege. Nur war sie zum Ende hin mit einigem Stress verbunden und es ärgert mich einfach. Wobei mein Sohn mit seiner 2 sehr zufrieden ist. Was anderes hat er in Deutsch aber auch noch nie bekommen.
Schade, dass die Buchbesprechung benotet wurde, denn vielleicht macht gerade das am Ende den Stress? Es hätte für alle Kinder ein schöner Unterrichtstag sein können, wo man seine Bücher mitnimmt und den anderen vorstellt. Applaus für alle, auch Feedback natürlich, aber doch keine Note, die den Mut und die Ausarbeitung niemals würdigen kann. Da haben Kinder direkt Angst, irgendwas falsch zu machen (und Eltern anscheinend ebenso), statt es einfach zu machen.