Dafür bin ich doch da!

Anne/ März 19, 2017/ Aus dem Leben

Wisst ihr wie oft ich diesen Satz in der letzten Zeit von mir gebe? Hier mal ein paar Beispiele und warum ich es so oft sage.

Mal ein paar Beispiele

Ich unterstütze einen unserer schweizer Kunden bei der Arbeit mit WordPress. Ab und an kommen da Anfragen. Meist recht einfache, wie „Wo finde ich diese Einstellungen?“ „Wo kann ich diese Info hinterlegen?“ Das ist dann schnell und unkompliziert per Skype zu klären. Schnell ein oder zwei Zeilen Text oder ein wirklich kurzes Telefonat. Schon wissen sie was zu tun ist. Dann kommt ein Überschwängliches Danke. Mit dem ich nur schwer umgehen kann. Also sage ich dann: „Dafür bin ich doch da!“ Ist ja auch so, ist mein Job.
Wieder ein Beispiel von der Arbeit: In letzter Zeit überträgt mir mein Chef immer mehr Aufgaben. „Schicke mal bitte dieses Schreiben los.“ „Bestell bitte mal etwas Wasser für uns.“ „Kannst du bitte das auf der Website ändern?“ „Kümmerst du dich bitte um jene Stellenanzeige.“ Alles kein Problem und meist schnell gemacht. Ok. Bei dem einen oder anderen rutsche ich nun tatsächlich in Richtung Assistenz, Empfang oder Sekrätariat. Für mich kein Problem. Eine angenehme Abwechslung zum Schreiben von Business-Texten, dem Kontakt zu den Marketingabteilungen der Partner sowie zu Messevorbereitungen. Auch hier gibt es immer wieder mal ein großes Danke. Und eben wieder mein Satz: “ Dafür bin ich doch da!“
Und jetzt eines meiner Lieblingsbeispiele: Ich reiche meinem Kind eine helfende Hand. Mache ihm das Essen, zeige ihm wie er selbst sein Schnitzel schneiden kann oder bastle mit ihm zusammen etwas. Was mich dann etwas verwundert: Mein Kind lobt mich. „Mama, das hast du gut gemacht.“ „Super, Mama.“ Ich bin meist so erschrocken über sein Lob, dass ich wieder sage: „Dafür bin ich doch da!“

Warum ich es sage?

Darüber habe ich eine ganze Weile nachgedacht, aber es ist eigentlich ganz einfach.
Ich kann nicht mit Lob umgehen.
Ich bin die jüngste von drei Kindern – mehr als 8 Jahre jünger als der Älteste und fast 6 zum Mittleren. Meine Eltern waren schon immer voll berufstätig. Keine Teilzeit. Immer Vollzeit. Beide waren Abends immer geschafft. Auch wenn wir Kinder uns dann gern Aufmerksamkeit wollten. Der Haushalt wollte es ebenso. Versteht das jetzt nicht falsch. Meine Eltern taten ihr möglichstes und ich hatte eine wundervolle Kindheit.
Aber für eines fehlte die Zeit und leider auch ein wenig die Einstellung.
Lob!
Mein Vater war schon immer der Ruhige. Er alberte mit uns rum. Und ja, es gab in den ersten Lebensjahren mal eine auf die Hinterbacke. Bei allem anderen enthielt er sich etwas.
Wenn es um Schule und Anerkennung ging war stets meine Mutter die Anlaufstelle. Nur war das gar nicht so leicht. Ebenso wie ich mein „Dafür bin ich doch da!“ Zum Teil recht gedankenlos und nebenher sage, kam von meiner Mutter bei fast jeder Schulnote „Das hätte aber besser sein können!“
Selbst bei einer 2+ oder gar einer 1-
Etwas worüber ich eigentlich schon stets stolz war. Denn mir flogen die guten Noten nur selten zu. Erst nach meinem Abitur – welches ich übrigens deutlich besser abschloss als meine Brüder – fing sie langsam an, ordentliches Lob auszuteilen.
Leider war es dann schon zu spät. Ich konnte aschon nicht mehr damit umgehen.
Immer vermutete ich irgendwo versteckte Kritik. Und war diese nicht da, kritisierte ich mich allzu oft selbst.
Glaubt mir, damit macht man sich selbst kaputt.

Wohin das führte?

Naja, zum einen brauchte ich fast ein Jahr, um mein Diplom zu schreiben und zu verteidigen. Ich bekam für beides eine 1,0. Meine Selbstkritik hatte also Erfolg. Zum Anderen bin ich heute so abgestumpft, dass ich mich oft in der Position sehe, dass etwas eben so ist, ich eben dafür da bin, es eben meine Aufgabe ist. Egal, ob das wirklich zutrifft.

Was ich daraus lerne

Schnell und auf den Punkt: Ich verwehre meinem Sohn kein Lob und keine Kritik.
Er soll von Anfang an spüren, dass ich ihn und seine Leistungen wertschätze.
Ein guter Plan, der leider oft an der Ausführung scheitert. Aber ich behalte mein Ziel vor Augen.
Auch ich bin Abends müde. Gehe aber nur Teilzeit arbeiten. Dennoch wartet der tolle Verkehr in Leipzig und der faszinierende Haushalt auf mich. (Oder sollte das jetzt andersrum sein? Toller Haushalt. Faszinierender Verkehr?)
Bei all dem Stress (real und selbst verursacht) versuche ich so viel Zeit wie es geht meinem Kind zu widmen. Und sollte mein Mann irgendwann einknicken und es gibt doch noch ein weiteres Maul zu stopfen, dann gebe ich mein Bestes allem Gerecht zu werden.
Mehr kann ich so oder so nicht leisten.

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